Die verbotene Stadt
DIE HANDLUNG
DER AUTOR

HISTORISCH. HINTERGRUND

ROLLEN UND DARSTELLER
ROLLENAUFTEILUNG

 


3D-Modell der Tribüne


Stammbaum Burghartinger

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Historischer Hintergrund (klicken Sie auf das Buch für weitere Informationen)

Benedikta gespielt von Veronika Beubl

Die Jahre 1105/06 waren Krisenjahre für das Deutsche Reich. Seit 1075 wurde es von Aufständen und dem Investiturstreit erschüttert. Dieser kreiste um die Frage, ob entweder der Kaiser oder aber die Kirche deutsche Bischöfe in ihr Amt einsetzen durfte. Da Bischöfe im Mittelalter nicht nur geistliche, sondern auch weltliche Fürsten waren, war dies eine zentrale Machtfrage. 1105 hatte Heinrich V. darüber hinaus seinen Vater, Heinrich IV., abgesetzt.

Diese Zeit war aber nicht nur eine Krisenzeit für das Reich, sondern auch für die Moosburger Familie der Burghartinger, die in diesen Jahren eine soziale Katastrophe erlebte. Als treue Anhänger Heinrichs IV. waren sie in höchste Ämter gelangt. Der dritte Bruder, ebenfalls mit Namen Burghart, hatte den Stammsitz in Moosburg inne mit der Vogtei über das Kollegiatstift St. Kastulus, eine Gemeinschaft von Weltgeistlichen. Als treue Gefolgsmänner Heinrichs IV. verloren die Burghartinger nach dem Machtwechsel auf Heinrich V. ihre Positionen, sie stürzten regelrecht in den Stand von einfachen Landadligen ab. Als einziges verblieb der Familie die Vogtei über St. Kastulus. Auf diese war die Familie nun existenziell angewiesen, sie war wohl die letzte verbliebene Einnahmequelle von Gewicht.

Jedes Kloster bzw. Stift benötigte im Mittelalter einen Vogt. Dieser gewährte militärischen Schutz, nahm Rechtshandlungen für das Stift vor und übte die Gerichtsbarkeit über die Untertanen des Stifts aus. Im Gegenzug erhielt der Vogt eine Vergütung für seine Leistungen, so dass eine Vogtei eine beliebte Einnahmequelle für Adlige darstellte. Im Rahmen der Kirchenreformbewegung des 11. Jahrhunderts, die auch zum Investiturstreit führte, war in vielen Klöstern und Stiften die Idee aufgekommen, dass man auf einen Vogt verzichten könne. Dies scheint auch in Moosburg der Fall gewesen zu sein. Es ist durchaus wahrscheinlich, dass das Kollegiatstift St. Kastulus versuchte, die Schwäche der Burghartinger auszunutzen und sich ihrer Vögte zu entledigen. Der Historiker Dr. Günther Flohrschütz hat die Überlieferungen des Klosters St. Kastulus aus dem ersten Viertel des 12. Jahrhunderts analysiert und erstmals versucht, den Verlauf der Auseinandersetzung nachzuzeichnen.

Danach scheint das Stift zwischen 1106 und 1126 den Vogt weitgehend in seiner Amtsführung behindert zu haben. Die Burghartinger waren zu schwach, um sich mit Gewalt gegen das Stift durchzusetzen. Sie waren auf die Hilfe von außen angewiesen. Diese erhielten sie in Gestalt von Otto IV. (dem Älteren) von Scheyern/ Wittelsbach. Dessen Familie war in dieser Zeit dabei, einen grandiosen Aufstieg zu erleben. Otto gehörte zu den engsten Anhängern Heinrichs V. und wurde von diesem in das Amt des Pfalzgrafen von Bayern eingesetzt. Er war damit als Vertreter des Herrschers letzte Gerichtsinstanz und Verwalter des Königsgutes im Herzogtum Bayern.
Otto IV. scheint, wohl kraft seiner Autorität als oberster Richter in Bayern, das Kollegiatstift St. Kastulus gezwungen zu haben, die Burghartinger als Vögte anzuerkennen.

Inwieweit Benedikta aus der Familie der Burghartinger in den Konflikt eingriffen hat, ist nicht erwiesen. Außerdem war sie mit Otto VI. (dem Jüngeren) von Wittelsbach (ebenfalls Pfalzgraf von Bayern und jüngerer Bruder des ersten Bayernherzogs aus dem Hause Wittelsbach, Otto V./I.) verheiratet.

Zwar hatten Frauen im Mittelalter wenig Einfluss auf Gesellschaft und Politik, doch gibt es immer wieder Gegenbeispiele – nicht nur die bekannte Johanna von Orleans. So hat z.B. die Mutter von Heinrich IV., Agnes von Poitou, nach dem frühen Tod ihres Mannes Heinrich III. für ihren minderjährigen Sohn das Herzogtum Bayern verwaltet und von 1056-1065 mit einem Beraterstab die Regentschaft ausgeübt.
Ähnliche Situationen hatte es mehrmals im 11. Jahrhundert gegeben: Theophanu, die byzantinische Mutter Ottos III., hatte mehrere Jahre für ihren minderjährigen Sohn regiert und war nach ihrem Tod von ihrer Schwiegermutter, Kaiserin Adelheid, abgelöst worden.
Zahlreich sind auch die Äbtissinnen großer Frauenklöster, die sich gegen Fürsten durchsetzten, in die hohe Politik eingriffen, ihren Einfluss erweiterten und in Bildung, Wirtschaft und Wissenschaft Maßstäbe setzten. Desweiteren gab es immer wieder Frauen, die für ihre abwesenden oder verstorbenen Männer die Herrschaft ausübten, ihre Macht behaupteten und sogar an der Spitze militärischer Einheiten Burgen verteidigten.
(von Dr. Dominik Reither)

[nach oben]

Pfalzgraf Otto gespielt von Thomas Eisenmann

Mit Otto (IV.) dem Älteren beginnt der Aufstieg der Wittelsbacher von eher unbedeutenden Grafen zu den führenden Familien im Reich und zu den Herrschern Bayerns.
Als erster Vertreter der Familie erscheint 1073 ein Otto, der sich noch nach seiner Stammburg „comes de Skyrun“ (Graf von Scheyern) nennt. Er war Vogt des Freisinger Bischofs Nitker und des Domkapitels. Wahrscheinlich stammt seine Familie von den Luitpoldingern ab. Diese Familie, die auf bisher ungeklärte Weise mit den Karolingern verwandt waren, hatte im 10. Jahrhundert die bayerischen Herzöge gestellt.
Sein Enkel Otto IV. übernahm die Ämter, die sein Großvater inne hatte, und den eher bescheidenen Besitz der Familie zwischen Paar und Ilm. Ihm gelang es in den nächsten Jahren, mit diplomatischem Geschick – einem Blick für strategische Gelegenheiten und günstige Grundstücksgeschäfte sowie einer geschickten Heiratspolitik – aber auch mit brutaler Härte, die Machtbasis seiner Familie Schritt für Schritt auszuweiten. Er setzte dabei systematisch neue Mittel ein, die sich in dieser Form erst im 12. Jahrhundert entwickelten: Vogteien, Ministeriale (unfreie Dienstleute) sowie der Bau von Burgen. Vogteien schafften Ansehen und Einfluss in der Kirche. Über die damit verbundene Gerichtsbarkeit war es möglich, Herrschaft auszuweiten und zu vertiefen. Burgen, nun verstärkt vom Adel gebaut, wurden Zentren der Verwaltung und militärische Stützpunkte, die es ermöglichten, sich gegen Kleinadlige und Edelfreie durchzusetzen. Die Ministerialen stellten den Kern des militärischen Aufgebots, sie übernahmen gerichtliche und verwaltungstechnische Aufgaben. Diese drei Instrumente zur Ausweitung von Macht und Einfluss setzte Otto so erfolgreich ein wie kaum ein anderer Dynast seiner Zeit.
Otto der Ältere wurde Vogt der Klöster Weihenstephan, Geisenfeld, Kühbach, St. Ulrich und Afra in Augsburg, seiner Gründungen Indersdorf und Ensdorf sowie des Hausklosters Scheyern. Dieses wurde wahrscheinlich um 1119 in der alten Stammburg eingerichtet, die Familie war zuvor in ihren neuen Sitz, die Burg Wittelsbach bei Aichach gezogen. Otto nannte sich dann auch ab 1115 nach seiner neuerbauten Burg von „Witilinesbac“. Weitere wichtige Stützpunkte waren die Burgen Wartenberg, Kelheim und Burglengenfeld. Systematisch baute sich Otto einen Stamm zuverlässiger Ministerialen auf, die er um seine Burgen und die bevogteten Klöster einsetzte.
Bald beherrschte er auf diese Weise ein relativ geschlossenes Gebiet im alten Stammland. Ab 1115 hatte Otto einen Stützpunkt in Wartenberg, konnte widerstrebende Kleinadlige rasch verdrängen und seine Position ausweiten. 1116 heiratete Otto Heilika, die Tochter des Grafen von Burglengenfeld. Nach dem Tod seines Schwiegervaters erbte er dessen Besitzungen im Norden Regensburgs. Er konnte hier einerseits Gegner verdrängen, andere aber für eine Kooperation gewinnen. Ab 1147 war es Otto möglich, sich im Ebersberger Raum festsetzen. Eine starke Position erreichte hier allerdings erst sein Sohn. Enorme Bedeutung hatte die Burg Kelheim, im Besitz der Wittelsbacher seit 1135/45. Sie lag im Zentrum zwischen den Besitzungen in Geisenfeld, Wartenberg und Burglengenfeld, von dort aus war es nicht weit bis zur bayerischen Hauptstadt Regensburg. Außerdem war Otto mit den benachbarten Herren von Abensberg und Altmannstein verbündet. Zu diesen geschlossenen Gebieten und wichtigen Stützpunkten kamen noch kleinere, verstreut liegende Besitzungen, in unserer Gegend zum Beispiel Wolfersdorf oder Hörgertshausen.
Auch was die großen Ereignisse auf Reichsebene anbelangt, hatte Otto politisches Gespür. Er gehörte zu den Anhängern Heinrichs V. und unterstützte diesen in seinen Auseinandersetzungen mit dem Papsttum. So nahm er 1110 am Romzug des Herrschers teil. Wie eine Generation zuvor die Treue zu Heinrich IV. den Burghartingern hohe Ämter einbrachte, profitierte nun Otto von seiner Nähe zu Heinrich V.: er wurde 1120 zum Pfalzgrafen in Bayern ernannt.
Der Pfalzgraf war Vertreter des Königs in einem bestimmten Bezirk. Er übte für den König die Gerichtsbarkeit aus und verwaltete das Königsgut. Außerdem war er dafür zuständig, dass die Königspfalzen, Stützpunkte des Herrschers in einem Reich ohne Hauptstadt, funktionsfähig blieben. Der Pfalzgraf war damit in gewisser Weise ein Gegenspieler zum Herzog. Während letzterer in der Regel versuchte, seine Macht auch auf Kosten königlicher Kompetenzen zu erweitern, vertrat der Pfalzgraf die Position des Herrschers.
Gerade seine Position als Pfalzgraf scheint Otto bei der Lösung der Auseinandersetzung zwischen den Burghartingern und dem Stift St. Kastulus genutzt zu haben. Dabei lag es in seinem eigenen Interesse, den Konflikt im Sinne der Burghartinger zu lösen. Dies hatte folgenden Hintergrund: Um ca. 1115 begann Otto, seine Burg in Wartenberg zu bauen und ringsum seine Ministerialen einzusetzen. Diese verdrängten neben den dort ansässigen Adligen auch Dienstleute des Freisinger Bischofs, der nun zum Gegner seines eigenen Vogts wurde. Noch vor 1130 wurde Otto dann Vogt des Klosters Geisenfeld (Landkreis Pfaffenhofen), das er zu einem Machtzentrum ausbaute. Er benötigte nun einen Stützpunkt zwischen Wartenberg und Geisenfeld. Hier bot sich Moosburg an. Die Burghartinger waren als Verbündete in diesem Raum ideal: Sie waren alleine machtlos, konnten sich nur mit einem mächtigen Schutzpatron behaupten. Sie waren also auf die Wittelsbacher existenziell angewiesen. Otto scheint diese Situation erkannt zu haben. Er hat wohl seine Macht eingesetzt und das Stift St. Kastulus gezwungen, die Burghartinger als Vögte anzuerkennen.
Otto IV. starb 1156. Er hinterließ drei Söhne: Otto, den späteren bayerischen Herzog (1117-1183, Herzog ab 1180), Konrad und Otto VI., genannt der Jüngere.
(von Dr. Dominik Reither)

[nach oben]

Otto der Jüngere gespielt von Alexander Vitzthum

Pfalzgraf Otto der Jüngere steht im Schatten seines Vaters, des Pfalzgrafen Otto des Älteren und seines Bruders, Herzog Otto I. So ist zum Beispiel gar nicht genau bekannt, wann er geboren wurde. Dieser Zeitpunkt muss nach 1117 liegen, dem Jahr, in dem Ottos älterer Bruder zur Welt kam, der spätere Herzog Otto I.
1180 wurde auf dem Reichstag von Regensburg der Welfe Heinrich der Löwe als Herzog von Bayern abgesetzt. Noch im selben Jahr übertrug Kaiser Friedrich Barbarossa das Herzogtum auf Otto I. Dieser gehörte zur engsten Umgebung des Kaisers und war einer seiner wichtigsten Stützen. So hatte er auf dessen Italienzug 1155 bei Verona das deutsche Heer gerettet.
Erst jetzt, als sein Bruder die Herzogswürde erlangt hatte, war der Weg frei, damit Otto der Jüngere ebenfalls eine bedeutende Position erringen konnte: das Amt des Pfalzgrafen von Bayern wechselte nun auf ihn. Über seine Tätigkeit als Pfalzgraf ist wenig bekannt. Wir wissen nur, dass er neben seinem Amt als Pfalzgraf auch noch Vogt des Benediktinerinnen-Klosters von Kühbach (Landkreis Aichach-Friedberg) war.
Es besteht aber auch eine direkte Verbindung Ottos mit Moosburg. Er war mit Benedikta aus der Familie der Burghartinger verheiratet. Damit war deren Familie eng mit einer der aufstrebenden Sippen Bayerns verbunden. Diese Bindung an die Wittelsbacher sollte den Burghartingern dann auch bis zu deren Aussterben im 13. Jahrhundert über 150 Jahre hinweg noch eine gewisse regionale Bedeutung sichern, obgleich die Familie nie mehr die Bedeutung erlangen konnte, die sie zur Zeit der Salier gehabt hatte.
Otto starb bereits 1189 und wurde in Indersdorf (Landkreis Dachau) begraben.
Ottos Sohn Otto VIII. spielt eine wichtige und spektakuläre Rolle im sogenannten deutschen Thronstreit. Dieser hatte folgenden Hintergrund: 1197 starb der Stauferkaiser Heinrich VI., Sohn Friedrich Barbarossas. Sein Sohn, Friedrich II., war zu diesem Zeitpunkt erst drei Jahre alt. Dessen Onkel, der Herzog Philipp von Schwaben, versuchte die Position der Staufer im Reich für seinen Neffen zu bewahren. Um seine Position abzusichern ließ sich Philipp 1198 zum König wählen. Dies rief den Welfen Otto auf den Plan, der sich als Otto IV. ebenfalls zum König wählen ließ. Die Reichsfürsten waren gespalten. Während Philipp mit dem französischen König verbündet war, hatte Otto die englischen Könige Richard Löwenherz und Johann ohne Land auf seiner Seite. Damit war der deutsche Thronstreit mit dem Hundertjährigen Krieg zwischen England und Frankreich verknüpft. Als nach Niederlagen der Engländer gegen Frankreich die englische Unterstützung für Otto ausblieb und wichtige Reichsfürsten, darunter sogar sein Bruder, auf die Seite des Staufers wechselten, zeichnete sich ein Ausgleich zwischen den Kontrahenten ab. In dieser Situation ermordete am 21 Juni 1208 Pfalzgraf Otto Philipp von Schwaben, als dieser gerade in der Residenz des Bamberger Bischofs die Hochzeit seiner Nichte feierte. Um ein erneutes Aufflackern der Bürgerkrieges zu vermeiden, wurde Otto IV. nun auch von der staufischen Partei anerkannt. Als dieser jedoch wegen seiner Italienpolitik in Konflikt mit Papst Innozenz III. geriet und exkommuniziert wurde, konnte sich Friedrich II. durchsetzen.
Die Motive für Pfalzgraf Ottos Tat sind ungeklärt. Es könnte sich um einen Staatsstreich handeln, doch ist private Rache wahrscheinlicher. Philipp hatte nämlich sein Versprechen, eine seiner Töchter Otto zur Frau zu geben, nicht eingehalten. Darüber hinaus hatte er den schlesischen Herzog vor Ottos Werbung um eine seiner Töchter gewarnt. Damit hatte Philipp Otto nicht als ebenbürtig, also einem königlichen Geschlecht gleichgestellt, anerkannt und ihm sogar noch ein Mittel des gesellschaftlichen Aufstiegs genommen. Über den Mörder wurde die Reichsacht verhängt, Pfalzgraf Otto starb 1209 auf der Flucht bei Regensburg. Otto IV. beauftragte Herzog Ludwig I. (der Kelheimer, Sohn Herzog Ottos I.) von Bayern mit der Ahndung des Verbrechens. Er zerstörte die Burg Wittelsbach, den Sitz des Mörders. Herzog Ludwig konnte in diesem Zusammenhang vom König die Erblichkeit des Herzogtums für seine Familie erreichen. Außerdem erhielt er die Reichslehen Pfalzgraf Ottos und des Andechser Markgrafen von Istrien, der der Mitwisserschaft am Mord beschuldigt wurde. Damit wurde der Machtbereich der Wittelsbacher Herzöge deutlich ausgeweitet. Die Wittelsbacher verloren nun aber das Amt des Pfalzgrafen, das auf die Grafen von Ortenburg übertragen wurde.
(von Dr. Dominik Reither)

[nach oben]

Vogt Burghart gespielt von Frank Junge

Burghart III., genannt der Ältere, war der jüngste Sohn von Burghart I., dem ersten sicher fassbaren Vertreter der Burghartinger, der um 1055/60 in einer Urkunde genannt wurde und wahrscheinlich schon seinen Sitz in Moosburg hatte. Sein Sohn Berthold wird später als „aus einer fürstlichen Familie stammend“ beschrieben. Burghart I. war also schon als Adliger anerkannt. Der Ursprung der Familie liegt im Dunkeln. Allerdings scheint es sich nicht um eine alteingesessene Familie zu handeln, da sie in den Traditionen des Hochstifts Freising, der wichtigsten Quelle für den Adel der Region im frühen Mittelalter, erst relativ spät erwähnt wird. Burghart III. gehört zur der Generation der Burghartinger, die mit Abstand am meisten Macht und Einfluss hatte. Sie zählte mit zur Spitzenschicht des Reiches am Ende des 11. und Anfang des 12. Jahrhunderts.
Burghart hatte zwei ältere Brüder, Burghart II. und Berthold. Burghart II. taucht 1091 in der Umgebung Kaiser Heinrichs IV. in Verona auf, wo er erreichte, dass sein Sohn Burghart Bischof von Brixen (bis 1097) wurde. Heinrich IV. ernannte wahrscheinlich 1093 Burghart II. zum Markgrafen (Stellvertreter des Kaisers in einem Grenzgebiet mit umfangreichen militärischen und zivilen Aufgaben) von Istrien. 1101 wurde er zusätzlich noch Vogt von Aquileja, Sitz einer italienischen Kirchenprovinz. In der Zeit von 1095 bis 1101 trat er immer wieder in der Umgebung des Kaisers auf, und zwar bei zentralen Anlässen. Pfingsten 1097 verbrachten er und Berthold mit dem Kaiser in Regensburg, 1099 war er wahrscheinlich bei der Krönung und Salbung des Kaisersohns Heinrichs V. in Aachen anwesend. Im selben Jahr feierte er mit dem Kaiser Weihnachten in Speyer, dem zentralen Ort der Salierdynastie. 1101 war er bei der „Schwertleite“, also der Volljährigkeitserklärung Heinrichs V. dabei. Da Burghart II. keinen Sohn hatte, gingen, als er 1106 starb, seine Ämter für die Burghartinger verloren. Zusätzlich übertrug Burgharts Witwe alle Besitzungen in Italien, Bayern, Kärnten und Friaul an ihren Schwiegersohn. Dies war ein weiterer empfindlicher Schlag für die Burghartinger.
Der zweite Bruder, Berthold, war von 1085 bis 1106 Gegenerzbischof von Salzburg. Er musste sich 1106 nach Moosburg zurückziehen, wo er wahrscheinlich 1115 starb.
Im Gegensatz zu seinen Brüdern, die in der Ferne Ämter übernommen hatten, hielt der jüngste Bruder, Burghart III., die Vogtei über das Kollegiatstift St. Kastulus. Auch er hatte Kontakt zum Herrscher. So wird er 1093 in einer Urkunde Heinrichs IV. als Zeuge erwähnt. Diese Nähe zum Kaiser könnte ein Grund für den Erwerb der Vogtei gewesen sein. Burghart hat diese wahrscheinlich 1093 übernommen, ca. 1108/14 wird er in den Freisinger Traditionen als Vogt bezeichnet.
In seine Amtszeit fällt der große Konflikt zwischen den Burghartingern und dem Kollegiatstift St. Kastulus. Grundsätzlich benötigte im Mittelalter jedes Kloster/Stift einen weltlichen Vogt, der ihm bewaffneten Schutz gewährte und Rechtshandlungen für das Stift vornahm. Allerdings war das Verhältnis zwischen Klöstern/Stiften und ihren Vögten immer wieder konfliktbelastet, da die Vögte umfangreiche materielle Gegenleistungen beanspruchen konnten und oft versuchten, Einfluss auf das Stift zu nehmen. Die Vögte waren außerdem bestrebt, die Vogtei weiterzuvererben, während Klöster und Stifte ab dem 11. Jahrhundert durchzusetzen versuchten, dass sie ihre Vögte frei wählen konnten.
Wie der Konflikt zwischen Burghart dem Älteren und dem Stift St. Kastulus im Detail abgelaufen ist, ist nur schwer nachvollziehbar. Wichtige Anhaltspunkte, die dann Rückschlüsse ermöglichen, lassen sich aber aus den Traditionen des Kollegiatstifts St. Kastulus ableiten. Diese kann man durch die akribische und systematische Arbeit des Historikers Dr. Günter Flohrschütz relativ genau datieren. Es scheint, dass Burkhart der Ältere zunächst Schwierigkeiten hatte, sich zu behaupten. Obwohl er wahrscheinlich schon seit 1093 Vogt war, wird er in den Traditionen des Stifts erst ca. 1115/21 als Vogt genannt. Es fällt außerdem auf, dass Vogt Burghart um das Jahr 1106 kaum in der Lage war, viele Dienstleute zu rekrutieren. In einer Zeit, die weniger von abstrakten rechtlichen Regeln als vielmehr von persönlichen Beziehungen bestimmt war, war ein Gefolge aus Anhängern, Dienstmannen und Vasallen, den sogenannten „leudes“, der zentrale Gradmesser für Macht und Einfluss. Gerade an den „leudes“ scheint es Burghart vor allem am Anfang seiner Amtszeit massiv gemangelt zu haben.
In Tradition Nr. 31 (ca. 1115-1121) wird Burghart zum ersten Mal als Vogt genannt, unter den Zeugen sind aber keine Gefolgsleute von ihm, was relativ ungewöhnlich ist. Dies lässt darauf schließen, dass Burghart und seine Leute vom Stift nicht akzeptiert wurden, beziehungsweise dass Burghart zu wenige Anhänger hatte, um sich durchzusetzen.
In Tradition Nr. 32 (ca. 1115-1121) scheint sich die Position des Vogtes schon etwas gebessert zu haben. Unter den Zeugen sind immerhin schon drei seiner Gefolgsleute, die auch explizit so genannt werden, aufgeführt: Tuto und die Brüder Sigfrid und Dietmar. Wer diese drei waren, liegt im Dunkeln, sie kommen nur in dieser einen Tradition als Zeugen vor.
In Tradition 35 (ca. 1119-1121) hat Burghart schon fünf Ministerialen dabei: Otto und dessen Bruder Fridirich, Chono und die Brüder Walcon und Ruidiger, Zeugen, die teilweise immer wieder aufgeführt werden. Allerdings geht aus dem Stil der Tradition, die wie eine Herrscherurkunde verfasst ist, ziemlich deutlich hervor, dass Burghart nur dazu da ist, einen würdigen Rahmen für die Selbstdarstellung des Stifters Heinrich, wohl Pfarrer von Moosburg und Chorherr des Stiftes St. Kastulus, abzugeben.
Erst in Tradition Nr. 36 (ca. 1123-1125) hat sich die Lage grundlegend zugunsten Burgharts gewendet. Hier taucht Pfalzgraf Otto der Ältere als erster Zeuge auf, begleitet von Mitgliedern aus seinem Gefolge. Der Vogt wird nun in der Urkunde an prominenter Stelle, noch vor dem Stiftsdekan und Schulmeister genannt. Außerdem wird er nun von sechs Anhängern begleitet, darunter auch die vorher schon genannten Otto und Fridirich. Burghart war es also gelungen, sich einen stabilen Stamm von Gefolgsleuten aufzubauen. So wie es aussieht, hatte Pfalzgraf Otto außerdem durch eine Intervention erreicht, dass Burghart nun unangefochten als Vogt akzeptiert wurde. Von nun an waren die Vögte bei vielen Rechtsgeschäften zugegen. Außerdem konnten die Burghartinger nun, wohl mit Hilfe der Wittelsbacher, ihre Position ausbauen. In Tradition Nr. 39 (ca. 1130/33), in der er zum letzten Mal auftritt, hat Burghart schon 16 Ministerialen unter den Zeugen. Burghart konnte in dieser Zeit Güter in Thalbach, Wang und Moosburg als Sitze für seine Ministerialen erwerben. Außerdem gelang es ihm, den Posten des Marktrichters der Siedlung Moosburg mit einem Gefolgsmann zu besetzen.
Etwa um 1133 ist Burghart der Ältere gestorben. Während seiner Amtszeit war es den Burghartingern gelungen, die Vogtei über St. Kastulus zu behaupten und sich - nach ihrem sozialen Absturz 1106 - mit Hilfe der Wittelsbacher eine regionale Machtbasis zu schaffen. Diese konnten die nachfolgenden Generationen der Burghartinger dann ausbauen.
(von Dr. Dominik Reither)

[nach oben]

Burghart der Jüngere („Bucko“) gespielt von Manuel Scherer

Burghart IV. (der Jüngere) war der Sohn von Vogt Burghart III. (dem Älteren). Sein Geburtsjahr ist nicht bekannt. 1120 wurde er zum ersten Mal als „Adliger, Sohn des Burghart von Moosburg“ erwähnt. Wahrscheinlich um 1133 erbte Burghart von seinem Vater das Amt des Vogtes über das Kollegiatstift St. Kastulus in Moosburg. Zu diesem Zeitpunkt war der Konflikt zwischen dem Stift und den Burghartingern bereits beigelegt, letztere als Vögte uneingeschränkt akzeptiert. Außerdem hatten die Burghartinger inzwischen auch Stützpunkte unter anderem in Wang und Moosburg erworben, die Zahl ihrer Dienstleute vermehrt und so ihre Position deutlich verbessert. Welche Rolle Burghart der Jüngere im Konflikt zwischen den Burghartingern und dem Stift gespielt hat, lässt sich aus den spärlichen Quellen nicht ermitteln. 1133 wird Burghart als „iunior advocatus“, also als junger Vogt, bezeichnet. Er hatte zu diesem Zeitpunkt bereits Söhne und Töchter. In deren Anwesenheit übertrug er für den Fall seines Todes ein Gut in Eitting an das Stift St. Kastulus. Dies ist in zweierlei Hinsicht interessant: Zunächst scheint sich das Verhältnis zwischen Vogt und Stift deutlich gebessert zu haben, weg von der Konfrontation hin zur Kooperation. Darüber hinaus waren die Burghartinger offensichtlich schon wieder so gut situiert, dass sie es sich leisten konnten, ein Gut zu verschenken. Burghart der Jüngere war in erster Ehe mit Adelheid verheiratet, die um 1120 starb. Über seine zweite Frau Gertrud erwarben die Burghartinger Besitz in der Münchner Gegend und in der Oberpfalz. Auch unter Burghart setzte sich die enge Kooperation der Burghartinger mit den Wittelsbachern fort. Sie waren weiterhin wichtige Verbündete der Pfalzgrafen in einem für diese sensiblen Raum. An einem 11. Januar., wahrscheinlich im Jahr 1138, ist Burghart IV. gestorben.
Burgharts ältester Sohn Adalbert hatte wohl für kurze Zeit die Vogtei inne, zumindest wird er um 1145 als Vogt erwähnt. Er nahm am desaströsen zweiten Kreuzzug teil. Schon der Weg durch Anatolien wurde zur Katastrophe mit enormen Verlusten für das deutsche Kreuzfahrerheer unter König Konrad III. Die Reste der Kreuzfahrertruppen wurden dann vor Damaskus vernichtend geschlagen. Auf dem Kreuzzug hat auch Adalbert an einem 3. November, wahrscheinlich im Jahr 1147, sein Leben verloren. Interessant ist die Tatsache, dass er vor seinem Aufbruch zum Kreuzzug ein Gut bei Bozen an das Stift St. Kastulus übertrug. Daraus wird ersichtlich, dass es den Burghartingern inzwischen gelungen war, auch in Tirol Besitzungen zu erwerben.
Adalberts jüngerer Bruder Burghart V. übernahm nun die Vogtei. Burghart selbst nahm am Feldzug Kaiser Friedrich Barbarossas gegen Mailand teil. In den heftigen Kämpfen dort, die mit der Besetzung und teilweisen Zerstörung Mailands endeten, ist Burghart am 11.02.1162 gestorben. Sein Sohn Konrad II. scheint zu diesem Zeitpunkt noch minderjährig gewesen zu sein. Ein Moosburger wird jedenfalls auf dem Landtag von 1171, den der Welfenherzog Heinrich der Löwe in Moosburg abhielt, nicht in der Liste der Teilnehmer erwähnt.
Konrad II. wurde dann 1172 Vogt. Er beerbte 1179 gemeinsam mit den Wittelsbachern seinen Schwiegervater, den Grafen von Roning, der an der Großen und Kleinen Laaber begütert war. Konrad übernahm von ihm den Grafentitel und Ländereien in der Nähe von Roning (Landkreis Landshut). Auf einem der geerbten Grundstücke erbauten und erweiterten die Burghartinger die Burg Rottenburg (a. d. Laaber, Landkreis Landshut). Rottenburg wurde so zum zweiten Zentrum der Familie neben dem Stammsitz Moosburg. Dort hatten die Burghartinger über einen gewissen Zeitraum hinweg eine Burg auf dem Gelände des heutigen Plan. Seit wann genau die Burghartinger ihren Sitz im Moosburger Stadtgebiet hatten, ist jedoch unklar. Diese Burg brannte 1207 ab, wobei auch das Kastulusmünster schwer beschädigt wurde. Konrad verlegte nun den Standort der Burg in den Weingraben (auf das Areal des ehemaligen Amtsgerichtsgebäudes), ebnete, „planierte“ gleichsam den bisherigen Standort und belegte ihn mit einem Bauverbot. Die wirtschaftliche Situation der Burghartinger schien sich inzwischen weiter verbessert zu haben. Sie verfügten nun auch über Besitz in der Gegend von Meran und Konrad trat immer wieder als Stifter für St. Kastulus in Erscheinung. Konrad II. starb am 31.03.1218.
Der letzte männliche Vertreter der Burghartinger war Konrad V. Er erbte 1279 von seinem Onkel Konrad IV. (ein Enkel Konrads II.) die Grafschaft. Konrad V. starb aber bereits am 19.08.1281. Da er keine männlichen Nachkommen hatte, erlosch mit ihm die Familie der Burghartinger. Ihre Eigengüter erbte ein Edler namens Ulrich von Altmannstein, ihre Herrschaftsrechte fielen an die Herzöge von Niederbayern. Moosburg blieb dann auch bis zur Reform der Kreisgrenzen (Regierungsbezirke) 1861 niederbayerisch.
Die Burghartinger waren bis zu ihrem Aussterben enge Verbündete der Wittelsbacher. Sie gehörten beispielweise zum engsten Kern der Anhängerschaft Herzog Ludwigs I., des Kelheimers (1183-1231), auf den sich dieser bei der systematischen Ausweitung seines Herrschaftsbereiches stützen konnte. Diese sogenannte „familia“ hielt dem Herzog auch den Rücken frei, wenn er mit der Reichspolitik beschäftigt war. Die Nähe zu den Wittelsbachern zeigt sich auch darin, dass die Burghartinger im 13. Jahrhundert immer wieder an prominenter Stelle in wichtigen herzoglichen Urkunden als Zeugen auftraten. Bis zu einem gewissen Umfang gelang es den Burghartingern über ihre engen Beziehungen zu den Wittelsbachern, im 12. und 13. Jahrhundert eine lokale Bedeutung zu erlangen und kontinuierlich auszubauen. So beherrschten sie Gebiete im Bereich der unteren Amper, mittleren Isar und der Großen Laaber. Wichtige Besitzungen in unserer Region waren unter anderem Volkmannsdorf, Thonstetten, Gammelsdorf, Wang, Isareck, Grünseiboldsdorf, Pfettrach und Thalbach. Vor allem im 13. Jahrhundert scheinen die Burghartinger dann auch eng mit dem Stift St. Kastulus kooperiert zu haben. Sie übertrugen in großem Umfang Besitz und richteten in der Ursulakapelle des Münsters, der Stiftskirche, ihre Grablege ein. Für ein ausgeprägtes dynastisches Bewusstsein, das vielleicht noch von der Glanzzeit der Familie an der Wende vom 11. zum 12. Jahrhundert herrührte, spricht auch die Tatsache, dass sich die Burghartinger wie Könige und Herrscher eine Hofhaltung zulegten. Diese beinhaltete eigene Hofämter, unter anderem Kämmerer, Marschälle, Mundschenke und Küchenmeister. Trotz allen Besitzes, Hofhaltung und lokaler Bedeutung: Die Burghartinger erreichten nie mehr die Position, welche die Familie am Ende des 11. und Anfang des 12. Jahrhunderts inne gehabt hatte, als sie zur Spitzenschicht des Reiches zählte. War es zu dieser Zeit der Kaiser, der den Burghartingern herausragende Positionen verschaffte, so waren die Burghartinger später auf die Wittelsbacher angewiesen, damals lediglich regionale Machthaber.
(von Dr. Dominik Reither)

[nach oben]

Adelheid („Ada“) gespielt von Silvia Fischer

Adelheid, die Ehefrau Burgharts des Jüngeren, war die Tochter des Udalschalk, eines 1115 gestorbenen Grafen des Lurngau. Seine Grafschaft umfasste beinahe das gesamte Gebiet Oberkärntens. An einem 10. März ist sie gestorben. Ansonsten ist über Adelheid aus den Quellen nichts bekannt. Allerdings kann man sich ihrer Person über die Situation der adligen Frau im Hochmittelalter annähern.
Zunächst war auch eine adlige Frau in dieser Zeit nur eingeschränkt rechtsfähig. Sie stand in der Regel unter der sogenannten „munt“, einer Art Vormundschaft. Diese übte zunächst ihr Vater, nach der Hochzeit der Ehemann aus. Eine Frau durfte kein Richteramt ausüben, ihr Zeugnis war weniger wert als der eines Mannes. Sie konnte zwar Eigentum erwerben und erben, doch war ihr Erbteil geringer als das eines Mannes. Meist waren adlige Frauen jedoch in der Lage, über ihren Eigenbesitz, also Mitgift, Erbe und Schenkungen des Ehemannes, zu verfügen. Im 10. Jahrhundert erwarben und veräußerten adlige Frauen ganz selbstverständlich Grundbesitz. Dies eröffnete den adligen Frauen wirtschaftliche und politische Handlungsspielräume. So sind zahlreiche Klöster des Mittelalters von adligen Frauen gegründet und ausgestattet worden. Im Laufe des Hochmittelalters besserte sich langsam die Position der Frau. Die „munt“ schwächte sich nach und nach ab. Frauen wurden in immer stärkerem Maße als Träger von Rechten und Kompetenzen wahrgenommen, und seit dem 11. Jahrhundert setzte sich zunehmend das Prinzip durch, dass auch Frauen Lehen erhalten konnten.
Der Aufgabenbereich einer adligen Frau bestand vor allem aus den Bereichen Familie und Hauswirtschaft. Die Frau war das Zentrum eines mittelalterlichen adligen Haushalts, der nicht nur aus der engeren Familie, sondern außerdem noch aus einer großen Zahl von entfernteren Verwandten, Gefolgsleuten und Bediensteten bestand. Hier war eine Adlige für die Vorratshaltung und das Einziehen der Abgaben sowie für die Organisation des Haushalts und die Aufsicht über das Hausgesinde zuständig. Wichtigste Aufgabe einer adligen Frau war es aber, möglichst viele Kinder zur Welt zu bringen. Das lag nicht nur an der extrem hohen Kindersterblichkeit, sondern auch an den gesellschaftlichen Strukturen im sogenannten „Personenverbandsstaat“, der vor allem auf persönlichen Beziehungen beruhte. Söhne sorgten für den Fortbestand der Familie und bildeten die Basis für die Gefolgschaft ihrer Väter beziehungsweise Brüder. Töchter konnten über arrangierte Ehen für politische und strategische Aktionen eingesetzt werden. Eine Hochzeit war ein Mittel, verfeindete Sippen auszusöhnen oder Kooperationen zwischen verschiedenen Sippen abzusichern. Eine Heirat mit einer Frau aus einer angeseheneren Adelsdynastie konnte für einen Adligen auch ein Weg des gesellschaftlichen Aufstiegs und der gesellschaftlichen Bestätigung sein. Umgekehrt erwartete die Familie der Braut in solchen Fällen die Loyalität des zukünftigen Schwiegersohns. Er musste seine neuen Verwandten nun militärisch, finanziell oder als politischer Verbündeter unterstützen. Nach Kirchenrecht war für eine gültige Ehe zwar formal die Zustimmung der Frau nötig, sie hatte aber in der Regel keine Möglichkeit, die Wahl ihres Ehegatten aktiv mit zu bestimmen. Es blieb ihr lediglich der Ausweg, die arrangierte Hochzeit abzulehnen und in ein Kloster oder Stift einzutreten.
Diese Klostergemeinschaften eröffneten adligen Frauen Betätigungsmöglichkeiten in Domänen, die sonst nur Männern vorbehalten waren. Viele Frauenklöster und -stifte wurden zu Zentren von Wissenschaft, Heilkunde, Kunst und Kultur. Besonders für Hochadlige war die Mitgliedschaft in einem Stift eine attraktive Alternative zum Leben als Ehefrau. Ein vornehmes Stift bedeutete eine komfortable Lebensweise in einem exklusiven gesellschaftlichen Zirkel mit dem Recht auf Privatbesitz. Die Leiterinnen von Klöstern und Stiften übten auch weltliche und geistliche Herrschaftsrechte aus. Sie hatten in Einzelfällen sogar die kirchliche Lehr- und Rechtssprechungsbefugnis und trugen Stab und Mitra. Vor allem Herrschertöchter übernahmen immer wieder Leitungsfunktionen in bedeutenden Frauenstiften. Gerade sie griffen immer wieder in die große Politik ein und versuchten, über Klosterbesitz und Herrschaftsrechte die Position ihrer Dynastie abzusichern. Wiederholt setzten sie sich dabei gegen weltliche Fürsten und Bischöfe durch.
Doch auch außerhalb des kirchlichen Bereiches konnten Frauen, dem traditionellen Rollenbild völlig entgegengesetzt, mehrfach führende Positionen erlangen, vor allem Königinnen und Angehörige des hohen Adels. Prominenteste Beispiele auf Reichsebene sind die Regentschaften der Kaiserinnen für ihre minderjährigen Söhne. So hat die Mutter von Heinrich IV., Agnes von Poitou, nach dem frühen Tod ihres Mannes, Heinrich III., für ihren minderjährigen Sohn von 1056 bis 1062 mit einem Beraterstab das Reich regiert.
Dieselbe Situation hatte es schon im 10. Jahrhundert gegeben: Theophanu, die byzantinische Frau Ottos II., hatte mehrere Jahre für ihren minderjährigen Sohn Otto III. die Regentschaft ausgeübt. Nach ihrem Tod übernahm ihre Schwiegermutter, Kaiserin Adelheid, diese Funktion.
Wie erfolgreich eine Regentin war, hing in erster Linie von ihren persönlichen Fähigkeiten ab. Theophanu konnte durch politisches Geschick einige große Erfolge erzielen. Trotz dieser Erfolge schlägt ihr in zeitgenössischen Würdigungen das Vorurteil entgegen, eine Frau zu sein. Dagegen war die Regentschaft der Kaiserin Agnes weniger von Erfolg gekrönt. Agnes scheint relativ schnell resigniert zu haben. Bald überließ sie wichtige Entscheidungen den Großen des Reiches und griff nicht mehr aktiv in die Entscheidungsprozesse ein. Als 1062 Erzbischof Anno von Köln den jungen Heinrich entführte und damit faktisch die Regentschaft an sich riss, nahm Agnes dies hin und zog sich in ein Kloster zurück.
Auch im Investiturstreit spielte eine Frau eine zentrale Rolle. Mathilde, die Markgräfin von Tuszien und Cousine Heinrichs IV., war streckenweise eine der Hauptstützen des Papstes. Zunächst regierte sie gemeinsam mit ihrer Mutter umfangreiche Gebiete in Ober- und Mittelitalien. Sie führte ein straffes Regiment und unternahm energisch militärische Aktionen. Mathilde verfügte über großes politisches Geschick und nahm gezielt die sich bietenden Gelegenheiten wahr. Im Investiturstreit griff sie auf Seiten Gregors VII. aktiv in den Konflikt ein. Auf ihrer Burg, Canossa, trafen 1077 Papst und Kaiser zusammen. Mathilde versuchte dabei, zwischen Kaiser und Papst zu vermitteln.
Aber auch für eine Frau, die nicht dem Hochadel angehörte, gab es immer wieder die Situation, dass sie die Aufgaben ihres abwesenden oder verstorbenen Mannes übernehmen musste. Hier konnten sich rechtliche und wirtschaftliche Handlungsmöglichkeiten der Frauen ganz enorm erweitern. Dies war vor allem während der Kreuzzüge häufig der Fall, als eine große Zahl von Adligen für längere Zeit abwesend war. Ihre Frauen übten nun für sie die Herrschaft aus, kontrollierten die Gebiete der Familie und nahmen sogar militärische Funktionen wahr, in der damaligen Zeit die Kerndomäne des adligen Mannes, über die er sich definierte. Mehrfach kam es zum Beispiel vor, dass Frauen an der Spitze militärischer Einheiten Burgen verteidigten.
(von Dr. Dominik Reither)

[nach oben]

Rektor Johannes gespielt von Oliver Spilker

Hintergrundinfos zum Kloster Moosburg und Stift St. Kastulus

Bei einem Stift handelt es sich um eine Gemeinschaft von Weltgeistlichen, also Priestern, die keinem Orden angehören. Diese geistliche Lebensweise hatte sich im Frankenreich zu Beginn des 6. Jahrhunderts entwickelt. Kleriker schlossen sich zu einer Gemeinschaft, einem Collegium, zusammen, das gemeinsam Gottesdienst feierte. Sie lebten zusammen, legten aber im Gegensatz zu Mönchen kein Gelübde ab, waren nicht dauerhaft an die Gemeinschaft gebunden und durften über Privatbesitz verfügen. Auch war ihr Alltagsleben nicht so stark asketisch ausgerichtet wie das der Mönche. Jedes Collegium hatte als Zentrum eine Kirche, von deren dazugehörigen Gütern die Kleriker lebten. Hauptaufgabe der Stiftsherren waren das tägliche gemeinsame Chorgebet sowie der feierliche Gottesdienst.
Das Stift St. Kastulus geht zurück auf ein Benediktinerkloster, das wohl um 750 im äußersten Norden des Stadtbergs, auf dem Gelände des heutigen Kastulusplatzes, errichtet wurde. Wie in dieser Zeit üblich, dürften die Klostergebäude überwiegend aus Holz und Lehm gebaut gewesen sein. Zum ersten Mal wurde das Kloster 769 erwähnt. In diesem Jahr nahm sein Abt Reginberth, wohl der Gründungsabt, an der Synode von Dingolfing teil, einem Treffen der wichtigsten geistlichen und weltlichen Würdenträger des Herzogtums Baiern. Das Kloster scheint sehr schnell ein gewisses Ansehen erlangt zu haben. Im Verbrüderungsbuch von Salzburg werden im Jahr 784 für Moosburg 80 Mönche und Priester, 50 Verstorbene und 17 andere Personen genannt, wahrscheinlich wichtige Gönner des Klosters. Die Moosburger Abtei gehörte damit wohl zu den Bedeutenderen im damaligen Baiern. In dieser Zeit beheimatete das Kloster Mondsee zum Beispiel 73, das Kloster Herrenchiemsee 75 Mönche, während die wichtigsten Klöster des Frankenreiches wie Fulda, die Reichenau oder Lorsch bis zu 1000 Mönche zählten. Das Moosburger Kloster hatte umfangreichen Grundbesitz, unter anderem bei Langenpreising, Inkofen, Eching, Allershausen, Wang, Schweinersdorf und in Oberösterreich. Auf diesen Besitzungen übten die Mönche umfangreiche Rodungstätigkeiten aus. Die Flurbezeichnungen „Unteres und Oberes Gereuth“ sowie „Oberreit“ und „Unterreit“ gehen darauf zurück. Außerdem war das Kloster intensiv in der Seelsorge tätig. Es betreute unter anderem die Orte Langenpreising, Berglern, Buch am Erlbach, Thulbach, Priel und Schwarzersdorf. Das Missionsgebiet der Moosburger Mönche reichte bis in das Vilstal und nach Österreich. Aus der hohen Zahl der Priester und Diakone im Salzburger Verbrüderungsbuch kann man schließen, dass es in Moosburg eine Art Klosterschule gab. Das Moosburger Kloster war also ein wirtschaftliches, geistliches und kulturelles Zentrum der Region. Ein wichtiges Ereignis für die Mönchsgemeinschaft war die Überführung der Gebeine des heiligen Kastulus, der 286 in Rom das Martyrium erlitten hatte. Der Legende nach wurden die Reliquien von den beiden Mönchen Albin und Rhenobot aus Italien nach Moosburg geholt. Sie lassen sich seit 807 in Moosburg nachweisen. Bald setzte eine intensive Wallfahrt zum heiligen Kastulus ein, dem Patron der Hirten und Schutzheiligen gegen Blitzschlag. Trotzdem stand das Kloster stark unter dem Druck des Freisinger Bischofs. Nicht zuletzt deshalb scheint es schon bald an Bedeutung verloren zu haben, denn bereits 817 wird es in die dritte Klasse der Klöster des Frankenreiches eingereiht. Diese Klasse hatte weder Soldaten aufzubieten noch Steuern zu zahlen, sondern lediglich für Kaiser und Reich zu beten.
Fraglich ist, wann das Moosburger Kloster in ein Stift umgewandelt wurde. Da eine Gründungsurkunde fehlt, ist man hierzu auf Rückschlüsse angewiesen. Problematisch ist dabei auch, dass es oft keinen Gründungsakt, sondern lediglich einen lang andauernden Gründungsprozess gibt. Außerdem existierten viele Ausprägungen des kanonischen Lebens und viele Zwischenstufen und Mischformen zwischen Stiften und Klöstern. Dr. Klaus Höflinger, der 1994 die Traditionen des Kollegiatstifts St. Kastulus neu herausgegeben hat, kommt aufgrund von Quellenvergleichen und der systematischen Auswertung der zur Verfügung stehenden Informationen zu folgendem Schluss: In dem Zeitraum zwischen 829, als zum letzten Mal ein Moosburger Abt genannt wird, und 895, als Kaiser Arnolf Moosburg an den Bischof von Freising übertrug, wurde das Kloster in ein Stift umgewandelt. Höflingers Thesen schließen sich auch andere Vertreter der neueren Forschung an.
Die Informationen über die Frühzeit des Stiftes sind spärlich. Es ist aber davon auszugehen, dass das Moosburger Stift genauso wie die gesamte Region massiv unter den Ungarneinfällen des 10. Jahrhundert zu leiden gehabt hat. Jedenfalls entzog der Freisinger Bischof in diesem Zusammenhang dem Stift in größerem Umfang Vermögenswerte. 1120 stürzte die Decke der Stiftskirche ein und erschlug neben dem Dekan auch einige Kirchenbesucher. Wir wissen dies aufgrund eines Briefes, in dem die Stiftsmitglieder nachfragten, ob in einer Kirche, in der mehrere Menschen gestorben waren, weiterhin Gottesdienst gehalten werden dürfte.
Im 11. und 12. Jahrhundert erfassten Kirchenreform und Investiturstreit auch die Stifte. Eine Forderung der Kirchenreform war die Idee, dass Klöster und Stifte ohne Vögte auskommen oder sich ihre Vögte zumindest frei wählen sollten. Dieser Idee scheint man auch in Moosburg angehangen zu haben. Wahrscheinlich hat auch der gesellschaftliche Absturz der Burghartinger die Chorherren ermutigt, die Familie als Vögte des Stiftes in Frage zu stellen.
(von Dr. Dominik Reither)

[nach oben]

Priester Heinrich gespielt von Uwe Thomsen

Heinrich wird in den Quellen nur ein einziges Mal erwähnt, und zwar in Nummer 35 der Traditionen des Stiftes St. Kastulus, zu datieren auf ca. 1119-1121. Diese Quelle ist aber sehr aufschlussreich, was Selbstverständnis und Charakter Heinrichs betrifft. Zunächst fällt auf, dass sich diese Tradition deutlich von den anderen unterscheidet. Normalerweise sind die Traditionen kurze Notizen, die in dürren Worten mitteilen, welcher Wohltäter welches Gut dem Stift überträgt, relativ oft auch aus welchen Motiven heraus. Die Nachricht schließt dann mit einer mehr oder minder umfangreichen Reihe von Personen, die den Übertragungsvorgang bezeugen sollen. Tradition Nummer 35 ist dagegen wie eine Herrscherurkunde aufgebaut, mit feierlichen, wohlgesetzten Worten und stilisierten Wendungen. Gleich zu Beginn stellt sich Heinrich eindrucksvoll vor. Er nennt sich hier „rector“ und „provisor dieses Volkes“. „Rector“ soll hier wahrscheinlich „Pfarrer“ bedeuten. Interessanter ist aber der Begriff „provisor“. Man kann ihn mit „der, der alles voraussieht, vorausschauend plant und lenkt“ übersetzen. Das bedeutet, dass Heinrich für sich in Anspruch nimmt, sich nicht nur um die Stiftsmitglieder, sondern auch um alle Menschen in der Stiftssiedlung umfassend zu kümmern. Er sieht sich somit als geistlicher und weltlicher Führer des Stifts und der Stiftssiedlung Moosburg. Für einen Vogt und seine Funktionen lässt Heinrich mit diesem umfassenden Anspruch kaum Raum. Auch der Hauptteil der Tradition lässt tief blicken: Heinrich überträgt ein Gut bei Aich an das Stift. Dieses Gut ist das Kapital für eine Stiftung, deren Erträge an Heinrichs Todestag zum Wohl der Bruderschaft, also der Stiftsmitglieder, verwendet werden sollen. Solche Stiftungen waren nicht außergewöhnlich. Interessant ist aber, dass der Hinweis auf das Totengedenken in dem relativ kurzen Text gleich drei Mal erfolgt und Heinrich auch noch eine Sanktion für den Fall festlegt, dass dieser Stiftungszweck vernachlässigt werden sollte. Das Selbstbewusstsein, das aus dieser Passage spricht, wird dadurch unterstrichen, dass Heinrich sich einmal sogar in der Ich-Form an seine Umgebung wendet, ein Umstand, der in den Traditionen insgesamt nur zwei Mal vorkommt. Zusammenfassend kann man sagen, dass Heinrich offensiv die Position des Vogtes in Frage stellt. Er war wahrscheinlich einer der „Falken“ auf Seiten des Stifts in dessen Konflikt mit den Burghartingern. Gleichzeitig zeigen Inhalt und Fassung der Tradition sowie seine Selbstbeschreibung, dass es sich bei Heinrich um einen äußerst selbst- und machtbewussten Menschen gehandelt haben muß.
Was aus Heinrich geworden ist, wissen wir nicht. In der nächsten Tradition, zu datieren auf ca. 1123-1125, wird er nicht mehr genannt. Diese Quelle berichtet uns dagegen relativ viel über die Struktur und die Tätigkeit des Stifts. Erwähnt werden hier ein Dekan Odalricus und ein Scholasticus Folwinus. Ein Dekan leitete die Chorherren und ihre Dienste, er war der eigentliche Mittelpunkt eines Stifts. Der Probst dagegen vertrat als eine Art Ehrenvorstand das Stift nach außen in Kirche und Welt, hatte aber keine Leitungsbefugnisse nach innen. Außerdem hatte er in der Regel weder Sitz noch Stimme in der Versammlung der Chorherren, die das Vermögen des Stifts verwaltete. Ihm folgte im Rang der Scholasticus, der die Aufsicht über die Stiftsschule innehatte. Die Moosburger Stiftsschule war im Mittelalter durchaus bedeutend. Gerhoh von Reichersberg, ein wichtiger Theologe und Kirchenreformer des 12. Jahrhunderts, wurde unter anderem in Moosburg unterrichtet, ebenso wie Christian Selmaier, Rektor der Universität Ingolstadt im 15. Jahrhundert. In der Lateinschule entstand mit dem Moosburger Graduale, verfasst von Dekan Johannes von Perchausen, ein herausragendes Werk der Musik des 14. Jahrhunderts.
Auch im künstlerischen Bereich war das Stift ein wichtiger Impulsgeber. Das bedeutendste Beispiel ist hier die Stiftskirche, das Münster St. Kastulus. Mit dem Bau der Kirche wurde 1171 begonnen. In diesem Jahr hielt Herzog Heinrich der Löwe einen Landtag in Moosburg ab, viele Teilnehmer spendeten und so erhielt das Stift die Mittel für den Kirchenbau. Durch einen Brand wurde die Kirche schwer beschädigt, konnte aber am Ursulatag 1212 neu geweiht werden. 1468 ließ das Stift den Chor im spätgotischen Stil errichten und in den Folgejahren die Seitenschiffe gotisch überwölben. 1513 wurde der von Hans Leinberger angefertigte Hochaltar aufgestellt, einer der bedeutendsten spätgotischen Schnitzaltäre Altbayerns. Aus dieser Zeit stammt auch das reichverzierte Chorgestühl für die Stiftsmitglieder mit je 13 Sitzplätzen auf jeder Seite.
Die Chorherren setzten auch Akzente, was die Struktur der Stadt anbelangt. Spätestens nach dem Tod des letzten Burghartingers 1281 nutzten die Chorherren die Möglichkeit, eigene Wohnhäuser zu besitzen. Sie gaben das gemeinsame Leben in der ehemaligen Klosteranlage auf und bezogen Häuser am Plan und an der Herrnstraße, die davon ihren Namen hat. An der Stelle des heutigen Pfarrhofes stand das Haus des Stiftsdekans.
Im 13. und 14. Jahrhundert erhielt das Stift weitere Zuwendungen und Privilegien und konnte zahlreiche Pfarreien besetzen. 1560 bestand es aus 15 Chorherren, nach seinen Statuten waren wohl bis zu 20 möglich. Zum Ausgang des 16. Jahrhunderts endete dann die Zeit der Chorherren in Moosburg. 1598/99 wurde das Stift auf Betreiben von Herzog Max I. nach Landshut verlegt, 1604 ein Großteil der Kastulusreliquien dorthin gebracht. Die Häuser der Stiftsherren wurden an Privatpersonen veräußert. Damit verlor die Stadt einen wichtigen Wirtschaftsfaktor und Impulsgeber. 1803 wurde das Stift im Laufe der Säkularisation aufgelöst. Eine Neugründung erfolgte 1937, diese besteht bis heute.
(von Dr. Dominik Reither)

[nach oben]

Die Burgbäuerin gespielt von Veronika Rotfuß

Die „Burgbäuerin“ ist als historische Person nicht individuell belegt. Aber es ist davon auszugehen, dass es sie gegeben hat. Zu jeder Burg gehörte nämlich eine Landwirtschaft, die vom Gesinde aus dem Stand der Bauern betrieben wurde. Die Bauern, im Mittelalter „Arbeiter“ (laboratores) genannt, bildeten den dritten Stand nach den „Betern“ (oratores) und den „Kämpfern“ (pugnatores). Die hochmittelalterliche Gesellschaft war streng in diese drei Stände gegliedert. Der Bauernstand hatte nach dieser Konzeption den beiden anderen Ständen zu dienen und sie mit Nahrungsmitteln zu versorgen. Bauern waren dabei in der Regel in vielen verschiedenen Ausprägungen an Grund und Boden und an den Grundherrn gebunden, dem sie Abgaben und Dienste zu leisten hatten. Dem Bauernstand gehörten wohl bis zu 90 % der Menschen der mittelalterlichen Gesellschaft an. Das bäuerliche Leben war somit für die Masse der mittelalterlichen Frauen Lebenswirklichkeit.
Die Welt der Bäuerin war zunächst ihr Dorf. Sie verließ es kaum. Die Dorfgemeinschaft organisierte die Bewirtschaftung der Felder, setzte soziale und rechtliche Regelungen durch, leistete aber auch gegenseitige Unterstützung. Fast alles, was im Dorf verbraucht wurde, wurde auch unmittelbar dort produziert. Das bäuerliche Leben wurde vom Rhythmus der Jahreszeiten und von Klima und Wetter bestimmt. Die Lebensweise war meist kärglich. Oft wohnten Mensch und Vieh unter einem Dach, waren Ernährung und Kleidung einfach. Menschen aus bäuerlichen Schichten waren deshalb weit mehr von materieller Not bedroht als die Vertreter der beiden anderen Stände. Sie waren in viel stärkerem Maße als Adlige Hunger, Krankheiten und nicht zuletzt kriegerischer Gewalt ausgesetzt. Der adelig-ritterliche Ehrenkodex, der eine Frau aus dem Adel bis zu einem gewissen Grad gegen Gewalt schützte, existierte für eine Frau aus dem Bauernstand kaum.
Generell war die Situation für eine Frau mit bäuerlichem Hintergrund eher bedrückend. Sie war eng in Familie und Dorfgemeinschaft eingebunden und hatte kaum die Möglichkeiten, ihr Leben zu gestalten, wie sie einer Frau aus dem Adel zur Verfügung standen.
Zunächst hielt sich im Bauernstand das Rechtsinstitut der „munt“, also einer Art Vormundschaft über die Ehefrau deutlich länger als im Adel. Die munt wurde vom Ehemann ausgeübt. Die Frau war ihrem Mann zum Gehorsam verpflichtet, dieser war auch berechtigt, sie zu schlagen. In bäuerlichen Kreisen war der Ehemann der uneingeschränkte Hausherr. Er verwaltete zudem in der Regel auch das Vermögen, das eine Frau mit in die Ehe einbrachte. Damit fiel ein wichtiger Faktor für persönliche Freiheit und Gestaltungsmöglichkeiten, wie sie zum Beispiel eine Adlige hatte, weg. Nur wenn ein Mann verhindert war, konnte ihn seine Frau vertreten. Nur selten jedoch führten Frauen nach dem Tod ihrer Männer die Bauernhöfe selbständig weiter.
Während eine Adlige als Alternative zum Leben als Ehefrau noch das Leben im Kloster wählen konnte, existierte diese Möglichkeit für eine Frau aus den bäuerlichen Schichten kaum. Klöster verlangten nämlich bis ins Hochmittelalter hinein für die Aufnahme einer Frau meistens eine adlige Herkunft sowie eine entsprechende materielle Ausstattung, die eine Frau mit bäuerlichem Hintergrund in der Regel nicht aufbringen konnte.
Der Alltag einer Bäuerin war von harter körperlicher Arbeit geprägt. Sie war zunächst für Haus und Hof, Garten und für die Versorgung des Viehs zuständig. Teilweise mussten Frauen jedoch auch Tätigkeiten übernehmen, die später als klassische Männerarbeiten angesehen wurden, wie zum Beispiel schwere Arbeit auf dem Feld.
Im Lauf des Hochmittelalters verbesserte sich aber nach und nach die Situation der Bauern. Technische Neuerungen wie die Verbesserung der Pflüge ließen die Produktion steigen. Aufgrund der zunehmenden Bevölkerungszahlen und der Entwicklung der Städte konnten Bauern bessere Preise für ihre Produkte erzielen und einigen gelang es sogar, einen gewissen Wohlstand zu erreichen. Abwanderung in die Städte oder die Teilnahme an der Kolonisation im Osten und Norden boten zudem Chancen, bessere Lebensbedingungen zu erreichen. Erst mit der Großen Pest ab 1347 verschlechterte sich die Lage der Bauern wieder.
(von Dr. Dominik Reither)

[nach oben]

Erzbischof Berthold gespielt von Volker Winter

Berthold aus der Familie der Burghartinger war ein älterer Bruder von Burghart III. (dem Älteren), Vogt von St. Kastulus. Berthold hatte als Bischof von Salzburg (1085-1106) einen der wichtigsten Posten im Reich inne.
Die Ernennung Bertholds zum Erzbischof von Salzburg und seine Amtszeit sind eng mit dem Investiturstreit verknüpft. Dieser drehte sich um die Frage, ob der Kaiser oder aber der Papst die deutschen Bischöfe in ihr Amt einsetzen durfte. Da Bischöfe im Mittelalter nicht nur als geistliche, sondern auch als weltliche Fürsten wirkten, war dies eine zentrale Machtfrage. Dieser Konflikt wurde zwischen Kaiser Heinrich IV. und Papst Gregor VII. erbittert ausgetragen. Heinrich IV. benötigte in dieser Auseinandersetzung einen absolut zuverlässigen Mann als Bischof in Salzburg, denn Salzburg war als Sitz des Vorstehers der Kirchenprovinz Baiern eines der bedeutendsten Bistümer des Reiches. Zwischen den deutschen und den italienischen Reichsteilen gelegen, hatte es zudem eine zentrale strategische Bedeutung.
Bertholds Berufung zum Erzbischof hatte folgenden Hintergrund: Der seit 1060 amtierende Erzbischof Gebhard von Salzburg vertrat im Investiturstreit ab 1076/77 offensiv die Position von Papst Gregor VII. Gebhard und sein Bistum gerieten nun unter den Druck des kaisertreuen Adels, der anfing, Kirchengüter zu plündern. Bischof Gebhard konnte sich gegen die Anhänger des Kaisers nicht behaupten und floh im Oktober 1077 nach Schwaben. Er entwickelte sich nun zu einem führenden Vertreter der päpstlichen Partei in Deutschland. 1085 wurde Gebhard gemeinsam mit anderen papsttreuen Bischöfen von einer Reichsversammlung in Mainz unter Leitung Heinrichs IV. abgesetzt.
An seine Stelle wurde Berthold zum Erzbischof von Salzburg berufen. Berthold war für diesen Posten gut geeignet, da er nicht aus einer der mächtigen Adelsfamilien des Reiches stammte. Er hatte damit keine eigene Machtbasis, sondern war auf die Gunst des Kaisers angewiesen. Heinrich IV. konnte also von Berthold unbedingte Loyalität erwarten.
Dieser wiederum scheint schon vor seiner Ernennung zum Erzbischof eine der Stützen der kaiserlichen Partei im Bistum Salzburg gewesen zu sein. Er wurde sogar von den Anhängern des Papstes in Salzburg gefangen genommen und musste vom Kaiser gegen Lösegeld freigekauft werden.
Als neu ernannter Bischof hatte Berthold jedoch im Salzburger Vogt Engelbert, dem Führer der päpstlichen Partei im Bistum Salzburg, einen übermächtigen Gegner. Engelbert gegenüber blieb Berthold in der Defensive. Die Kämpfe zwischen Berthold und Engelbert gipfelten sogar in kriegerischen Auseinandersetzungen, in denen die Erzdiözese schwer in Mitleidenschaft gezogen wurde. Streckenweise hielt Engelbert Salzburg besetzt, während Berthold gezwungen war, sich auf die Festung Hohensalzburg zurückzuziehen. Um seine Position in Salzburg zu stärken, musste Berthold Anhänger gewinnen. Er vergab deswegen in großem Umfang Kirchengüter an den niederen Adel, eine durchaus übliche Vorgehensweise. Trotzdem wurde 1086 Bertholds Position unhaltbar. In einem Feldzug der aufständischen Fürsten gegen Heinrich IV., an dem auch der frühere Salzburger Bischof Gebhard teilnahm, erlitt der Kaiser eine schwere Niederlage und konnte Berthold nicht mehr stützen. Außerdem waren auch Volk und Klerus der Diözese Salzburg mit Bertholds Politik höchst unzufrieden, so dass Gebhard 1086 wieder nach Salzburg zurückkehren und über Berthold den Kirchenbann verhängen konnte. Berthold scheint die Diözese ohne größere Gegenwehr verlassen zu haben.
Als Gebhard 1088 starb, war Berthold wieder in der Lage, das Bistum in Besitz zu nehmen. Er konnte sich jedoch nur zwei weitere Jahre behaupten. Die päpstliche Partei, unter anderem vom baierischen Herzog gestützt, wählte 1090 Thiemo, einen treuen Anhänger des Papstes, zum neuen Erzbischof. Thiemo war ein alter Gegner Bertholds und 1081 von ihm in den Schwarzwald vertrieben worden. Thiemo gelang es, ebenfalls durch Vergabe von Kirchengut, seine Position zu verbessern. Er scheint sich ohne größere Probleme gegen Berthold durchgesetzt zu haben.
Als sich mächtige Adelsgeschlechter in Baiern mit Heinrich IV. ausgesöhnt hatten und der Salzburger Vogt Engelbert gestorben war, wandelte sich die Situation wieder zugunsten Bertholds. 1097 zog er mit einem Heer gegen Salzburg und konnte Thiemo schlagen und kurzzeitig gefangen nehmen. Bertholds Position in Salzburg war nach der Niederlage Thiemos unangefochten. Er vergab Kirchengut an Adel, Domherren und Ministeriale, um sich deren Gunst zu sichern. Diese Taktik hatte Erfolg, da bis 1105 im Bistum Ruhe herrschte. Allerdings sind wir über Bertholds Tätigkeit im Bistum nur sehr eingeschränkt informiert, und dies aus der Sicht seiner Gegner, die Berthold Verschwendung von Kirchenbesitz vorwarfen und ihm den Spottnamen „Prunzagel“ zuschrieben.
Dann kam für Berthold die persönliche Katastrophe: Heinrich V. setzte 1105 seinen Vater Heinrich IV. ab. Dieser wehrte sich verbissen. Als treuer Anhänger Heinrichs IV. war Berthold nun für den neuen König nicht mehr tragbar. Heinrich V. musste die Loyalität Bertholds zu Heinrich IV. zumindest für die Zeit des Machtkampfes fürchten. Außerdem war Heinrich V. gezwungen, im Investiturstreit auf den Papst zuzugehen, um seine eigene Position abzusichern. Dies war so lange unglaubwürdig, wie stramme Vertreter der antipäpstlichen Partei wie Berthold zentrale Kirchenämter inne hatten.
Weihnachten 1105 wurde auf einer Reichsversammlung zu Mainz unter der Leitung von Heinrich V. auch die Neubesetzung der Diözese Salzburg beschlossen, Konrad von Abensberg am 7.1.1106 zum neuen Erzbischof gewählt und sofort vom Kaiser in sein Amt eingesetzt. Konrad zog schon am 25.1.1106 in Salzburg ein. Seine beiden Brüder hatten ihm 1000 Mann militärisches Geleit mitgegeben. Berthold hatte gegen dieses Aufgebot keine Chance. Er zog sich mit zwei Klerikern nach Moosburg zurück. Berthold unternahm nun keinen Versuch mehr, das Bistum zurückzugewinnen. Er bemühte sich lediglich, von dem gegen ihn verhängten Kirchenbann gelöst zu werden. Zwei Wochen, nachdem er dies erreicht hatte, starb Berthold, wahrscheinlich 1115, das genaue Jahr ist jedoch unbekannt.
(von Dr. Dominik Reither)

[nach oben]

„Die Zeit“ gespielt von Verena Konietschke

Die Bedeutung der Zeit im Mittelalter

Für die breite Masse der Bevölkerung war „Zeit“ bis ins Spätmittelalter hinein nur ein relativer Begriff. Eine exakte Zeitmessung war kaum möglich. Lediglich Klöster oder Monarchen konnten sich sogenannte „Kerzenuhren“ leisten: Ein abgebranntes Kerzenstück definierte eine vergangene Zeiteinheit. Teilweise behalf man sich auch mit Sonnen- und Wasseruhren. Ansonsten bestimmten natürliche Gegebenheiten die Zeiträume. Ein Tag dauerte von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang und so im Sommer deutlich länger als im Winter; Jahreszeiten waren vom Wetter abhängig. Wichtige Wegmarken im Zeitfluss waren kirchliche Termine: Heiligentage und Kirchenfeste strukturierten das Jahr, waren Bezugspunkte für die Datierung von Ereignissen.
Generell dominierte bis ins Hochmittelalter im Alltagsleben ein zyklischer Zeitbegriff. Die Woche dauerte von Sonntag bis Sonntag, das Jahr war ein Ablauf von Kirchenfesten, der immer wieder von neuem ansetzte. Verstärkt wurde diese Wahrnehmung auch dadurch, dass es bis ins Hochmittelalter kaum technischen Fortschritt oder größere soziale oder wirtschaftliche Umwälzungen gab. Die Menschen hatten deshalb kaum das Gefühl, dass sich ihre Gegenwart von vergangenen Zeiträumen unterschied, es herrschte das Gefühl, die Zeit stehe still. Zudem galt die Zeit nach dem christlichen Verständnis als ein Geschenk Gottes an die Menschen, das noch dazu durch die in der Bibel verkündete Aufhebung aller Zeit und durch die Ewigkeit Gottes relativiert wurde.
Über allem schwebte aber, vor allem bei den Gelehrten, die Idee des linearen Zeitablaufs, ein lineares Geschichtsbild. Man glaubte, dass die gesamte Welt auf den Jüngsten Tag ausgerichtet sei, dem man zustrebe. Die Vergangenheit war das Stück des Weges zu diesem Ziel, das schon zurückgelegt war. Ein zentrales Anliegen der Gelehrten war dabei festzustellen, wieviel Zeit noch bis zum Weltende blieb. Für die Menschen des Mittelalters bestand kein Zweifel, dass dieses Ende und damit der Beginn der Ewigkeit bald bevorstehen würde. Auch deshalb war bis ins Spätmittelalter hinein ein Datieren nach Jahren nicht besonders wichtig. Geschichtsschreiber vermieden oft genaue Jahresangaben und begnügten sich mit Floskeln wie „inzwischen“ oder „während dieser Ereignisse“.
Erst als Zeitmessung im Spätmittelalter mit den ersten mechanischen Uhren präziser und alltäglicher wurde, änderte sich auch die Einstellung der Menschen zur Zeit. Sie löste sich von ihrer engen Naturverbundenheit und wurde zu einer eigenständigen Kategorie. Hinzu kam, dass Zeit nun immer mehr als wirtschaftlicher Faktor wahrgenommen wurde. Zeit wurde, zum Beispiel bei der Zinsberechnung – im wahrsten Sinne des Wortes – zu Geld: Zinsen wurden nach bestimmten Zeitabschnitten berechnet, die genau definiert waren. Man arbeitete mit festen Verjährungsfristen, und Vertragspflichten wurden auf genau bestimmte Zeitpunkte oder für bestimmte Zeiträume festgelegt. Nun entwickelten sich auch langsam ein Geschichtsbewusstsein und die Vorstellung, in einer Zeit mit gewissem Fortschritt und Weiterentwicklung zu leben.
(von Dr. Dominik Reither)

[nach oben]

„Der Tod“ gespielt von Gernot Ostermann

Die Bedeutung des Todes im Mittelalter

Die Beschäftigung mit den Themen Tod und Sterben bestimmte das Leben der Menschen im Mittelalter deutlich stärker als heute. Zunächst war der Tod weniger tabuisiert, das Sterben gehörte aufgrund von Seuchen, Hungersnöten und kriegerischen Auseinandersetzungen weit mehr zum Alltag als heutzutage. Der Tod im Kindbett kam häufig vor, die Kindersterblichkeit war enorm hoch. Kranke und Verletzte wurden zu Hause von der Familie gepflegt und starben auch dort, so dass die Menschen mit Leiden und Tod immer wieder konfrontiert wurden. Das Sterben war weniger einsam, fand meist im Kreis von Familie, Sippe oder Klostergemeinschaft statt. Gerade im Kloster war das Sterben ein Vorgang, an dem das gesamte Kollektiv der Mönche teilnahm, ein festliches Ritual des Abschieds. Dieser Tod, eingebettet in die Gemeinschaft, war ein Grund, warum sich immer wieder auch Adlige zum Sterben in ein Kloster zurückzogen.
Im Adel verabschiedete sich der Sterbende von seiner Familie und all seinen Vasallen, regelte Nachfolge und Vermächtnis. Der Sterbende war also auch hier in der Sterbestunde in sein soziales Umfeld eingebunden, zumindest im Idealfall. In der Schicht des Adels hatten Tod und Abschied auch öffentliche Elemente. Es gab prächtige, sorgfältig inszenierte Begräbniszeremonien, gleichsam der letzte öffentliche Auftritt des Verstorbenen mit einem aufwändigen Leichenschmaus.
Trotz der Einbindung in Familie, Kloster und Gemeinschaft der Vasallen gab es auch im Mittelalter das einsame, anonyme Sterben, zum Beispiel das der Krieger auf dem Schlachtfeld oder das der Armen in den städtischen Spitälern. Hinzu kommt, dass die Menschen nicht die Möglichkeiten der Schmerzlinderung hatten, wie sie die moderne Medizin zur Verfügung stellt, und Sterbende somit oft schwer litten.
Auch im alltäglichen Lebensgefühl der Menschen waren Sterben und Tod fest verankert. Der Mensch war in der Vorstellung der damaligen Zeit mit seiner Geburt auf den Tod hin ausgelegt, das Leben galt als Vorbereitung auf die Sterbestunde. Der Tod wurde dabei allerdings weniger als das Ende des Lebens, sondern vielmehr als Schritt innerhalb des Lebens empfunden. Auf diesen galt es sich durch religiöse Akte und Stiftungen für Messen oder Almosen für die Armen intensiv vorzubereiten. Die Erwartungen an den Tod waren aber durchaus zwiespältig. In der christlichen Lehre war das irdische Leben eine Art Probezeit für das Leben nach dem Tod. Wurde diese Prüfung bestanden, eröffnete sich die Möglichkeit, an den Verheißungen des ewigen Lebens im Paradies teilzunehmen. Hatte man aber im irdischen Leben versagt, drohte die ewige Verdammnis in der Hölle. Der Tod war damit in gewisser Weise die Chance, dem „Jammertal Erde“ zu entrinnen, oder aber der Beginn ewigen Schreckens. Aus dem Gedanken, dass das irdische Leben eine Probephase für die Zeit nach dem Tod ist, erklärt sich auch die Deutung von Krankheit und Tod. Krankheiten wurden oft als göttliche Strafen oder Prüfungen aufgefasst, denen nicht in erster Linie mit medizinischer Therapie, sondern mit religiöser Läuterung und Buße zu begegnen war. Auch der Tod selbst, vor allem ein plötzlicher oder schwerer, wurde immer wieder als Strafe für Sünde und Verfehlung verstanden. Der Tod auf dem Kreuzzug, also der Schlachtentod für den himmlischen Gefolgsherrn, wurde dagegen als ideales Mittel zum Sündenablass gesehen.
Das Mittelalter glaubte fest an die Zusammengehörigkeit von Lebenden und Toten. Tote waren von ihren Mitmenschen nicht abgeschnitten. Sie hatten juristisch gesehen weiterhin Rechte und Pflichten, konnten klagen und verklagt und sogar vor Gericht geladen werden. Um die Verbindung zwischen Lebenden und Toten aufrechtzuerhalten, waren deshalb Totengedenken und Gebete für die Verstorbenen, die in gewissem Sinn als Überwindung des Todes galten, enorm wichtig. Klöster führten umfangreiche Totenbücher, in denen die Sterbedaten von Mitgliedern der Klostergemeinschaft und von Gönnern vermerkt waren. Diese Listen zirkulierten zwischen den verschiedenen Klöstern. An ihren Todestagen wurde von den Mönchen für die Toten gebetet oder es wurden Gedenkgottesdienste für sie gefeiert. Über diese Listen wissen wir in vielen Fällen das genaue Todesdatum von Personen, allerdings in der Regel nur Tag und Monat, das Jahr wurde nicht vermerkt, weil diese Angabe für das Gedenken irrelevant war. Ein Grund, weshalb Klöster auch das Totengedenken von Nichtmönchen übernahmen, war die Tatsache, dass die Wirksamkeit der Gebete nach dem Glauben der damaligen Zeit von der moralischen Lauterkeit der Betenden abhing. Im Adel entwickelte sich der Brauch, prächtige Grabmähler oder sogar eigene Kirchen zu errichten und Klöster zum Gedenken an die Toten zu gründen.
Die Menschen glaubten, dass Tote mit überirdischen Kräften weiterhin in die Welt eingreifen konnten – im Guten wie im Schlechten. Deshalb war der Umgang mit den Toten von gegensätzlichen Annahmen geprägt. Einerseits galt es, mit Totengedenken und Ritualen die Toten zu besänftigen und um Hilfe zu bitten. In den Klöstern gab es am Jahrestag des Todes eines verstorbenen Mönches ein Festessen. Man glaubte, die Toten gäben den Lebenden Kraft und tafelten mit ihren Brüdern. Auch in den Adelsfamilien waren Festmähler zum Totengedenken üblich, um den Segen des Verstorbenen zu erflehen. Sehr beliebt war das sogenannte Minnetrinken („Minne“ bedeutet in diesem Zusammenhang „freundliches Gedenken“), ein rituelles Trinkgelage zu Ehren eines Verstorbenen. Es verband praktischerweise das Angenehme – den Konsum alkoholischer Getränke – mit dem Nützlichen – dem Gedenken an den Toten, dessen Fürsprache man erhoffte. Oft wurde das Minnetrinken zu Ehren von Heiligen veranstaltet. Zahlreich überliefert sind Geschichten von sogenannten „Strafwundern“, welche die Heiligen anlässlich der Trinkgelage an Teilnehmern vollbrachten, die ihre Heiligkeit oder Wundertätigkeit in Frage stellten.
Andererseits waren Tote nach der Vorstellung der damaligen Zeit potentiell auch gefährlich. Man befürchtete, dass Tote an den Ort ihres früheren Lebens zurückkehren und Schaden anrichten könnten. Bestimmte Riten sollten verhindern, dass Tote als Wiedergänger in ihren früheren Wohnstätten spukten. Wegen dieser Gefahren war es nötig, alles zu tun, damit die Seele des Toten nicht litt und ins Paradies eingehen konnte. Auch deswegen hatten Totengedenken und vor allem Gebete und Gottesdienste für die Verstorbenen einen solch hohen Stellenwert.
(von Dr. Dominik Reither)

[nach oben]

Die 11 Waffenknechte des Vogts

 

Die 3 Knechte des Vogts

Der Dekan, ein Magister, ein Klosterknecht und ein Schreiber

 

4 Bürger von Moosburg und 3 Edelleute der Umgegend

 

Ein Narr, ein Bote, ein Vorleser und 5 Frauen

 

Stumme Rollen und Stimmen aus der Menge

 

Die Statisten

 

Sonderformationen

 

 


© 2008-2010 Förderverein Festspiele Moosburg e.V.